Sollen Menschen mit Behinderung vor allen mit Menschen mit Behinderung zusammensein?
Den Satz: “Sie sind am besten unter Ihresgleichen aufgehoben”, finde ich fürchterlich, wenn damit gemeint ist, dass Menschen mit Behinderung sich am besten in einer Umgebung entfalten, in der möglichst viele Menschen mit Behinderung sind. Erstens möchte ich anzweifeln, dass eine Behinderung darüber entscheidet, wer “meinesgleichen” ist, und zweitens sind Gruppen von Menschen, die ein Stigma teilen, nicht immer die beste Unterstützung. Cloerkes gibt zu bedenken: „Behinderte Menschen unterliegen den gleichen Sozialisationsmechanismen wie nichtbehinderte Menschen, sie orientieren sich an den gleichen gesellschaftlichen Wertmaßstäben und sind selbstverständlich nicht frei von den Vorurteilen, die hier zur Diskussion stehen. Oftmals sind sogar besonders deutliche Distanzierungen von anderen Behinderten bzw. Stigmatisierten zu beobachten […]“ (Günther Cloerkes, Soziologie der Behinderten. Eine Einführung, 3. Aufl., Heidelberg: Winter 2007, S. 115).
Susanne Hartwig