Kombinationen

“Bist du eigentlich eine schwangere Behinderte oder eine behinderte Schwangere?”

Diese Frage stellt der schmierige Freund des Protagonisten Peter dessen Freundin Dora in dem Film Dora oder die sexuellen Neurosen unserer Eltern (Schweiz/Deutschland 2015; Regie: Stina Werenfels). Dora hat eine “geistige” Behinderung und Peter nutzt das aus für schnellen Sex. Die Frage legt nahe, dass es einen Unterschied macht, ob eine Person vor allem als behindert und nur – sozusagen als zusätzliche Eigenschaft – als schwanger angesehen wird oder ob der Status “schwanger” ihre Behinderung zu einer Nebenerscheinung macht. Bewirkt die Hervorhebung eines Merkmals, dass ein anderes nebensächlich wird und unter welchen Umständen? Es ist eine spannende Aufgabe für die Kulturwissenschaften, Kontexte herauszuarbeiten, fiktionale und nicht-fiktionale, in denen die Betonung von anderen Merkmalen das Merkmal “‘geistige’ Behinderung” verblassen lässt.

Susanne Hartwig