Konferenzbericht
Lachen ohne Limit
Martha Ehrtmann
Die internationale Konferenz „Representaciones cómicas“, organisiert vom Lehrstuhl für Romanische Literaturen und Kulturen der Universität Passau, widmete sich Rezeption und Präsentation von Komik und Behinderung in den darstellenden Künsten. Lehrstuhlinhaberin Prof. Dr. Susanne Hartwig lud hierfür ebenso Vertreter der Wissenschaft wie auch Praxis zur dreitägigen Veranstaltung an die Universität Passau ein.
„Wir geben ihnen keine Stimme, sie haben eine“. Gerd Hartmann, dem Direktor des renommierten inklusiven Theaters Thikwa aus Berlin, ist die Autonomie und Selbstständigkeit seines gemischten Teams aus Personen mit und ohne Behinderung ein großes Anliegen. Im Rahmen der internationalen Konferenz vom 13. bis 14.07.2022 war auch Hartmann zu Gast an der Universität Passau und berichtete mehr von seiner Arbeit und dem Konzept des Theaters Thikwa, hebräisch für Hoffnung.
Prof. Dr. Susanne Hartwig und Gerd Hartmann bei der Vorstellung des Berliner Theaters Thikwa
Oft seien die Stücke autofiktional, jedoch in keinem Fall privater Natur, so Hartmann. Die Schauspieler, oder auch „Performer“, wie Hartmann sie nennt, sind in den Entstehungsprozess immer vollständig involviert. In acht bis zehn Wochen entwickeln Performer gemeinsam mit Choreografen, Regie und Bühnenbild ein Theaterstück, das viel Persönliches enthält. Dargestellt werden aber immer nur Figuren, nie realen Personen. Deswegen sei das Lachen in Kombination mit Behinderung hier so natürlich, ehrlich und richtig, da nicht über Personen auf der Bühne, sondern über die dargestellten Figuren gelacht werde.
Eine Frage des Lachens
Lachen ist mit einem gewisses Machtgefälle verbunden, einem Ein- und Ausschließen in Bezug auf eine soziale Gruppe. Wer lacht über wen? Wie wird gelacht? Warum wird gelacht? Diesen Fragen widmeten sich zahlreichen Vorträgen, die sich in ihrer Interdisziplinarität von Film und Theater, über Literatur und Comic bis hin zu theoretischen Ansätzen zur Ethik des Lachens erstreckten.
Die Konferenz mit dem vollen Titel „Representaciones cómicas de la diversidad funcional: entre inclusión y exclusión” fand zum Großteil in spanischer Sprache statt, wurde jedoch auch um einige englische Beiträge bereichert. Hierfür kamen in der niederbayerischen Universitätsstadt Referenten aus Deutschland, den Niederlanden, Polen, Spanien, Großbritannien, Kanada, Mexiko und Argentinien persönlich oder per virtueller Zuschaltung zusammen. Zusätzlich fand auch ein Besuch des Römermuseums Kastell Boiotro sowie die Präsentation des französischen Films Théo et les metamorphoses (2021) statt.
Teilnehmer der internationalen Tagung konnten präsent oder virtuell an der Veranstaltung teilnehmen
Während des Programms lag ein besonderes Augenmerk auf der Verknüpfung von Theorien, seitens der Wissenschaft und Erfahrungen aus der Praxis. Hier war nicht nur Gerd Hartmann aus Berlin zu Gast, sondern auch der spanische Schauspieler und Regisseur David Ojeda, welcher seit über 30 Jahren im inklusiven Theater tätig ist. Die abwechslungsreichen Vorträge reichten von argentinischer Lyrik und Literatur bis hin zu französischen Comics. Das hohe Potential der Kombination aus Behinderung und Komik wird dabei oft genug verkannt, aus Angst, Grenzen der Ethik oder des politischen Korrekten zu überschreiten.
„Mit ihnen lachen“
Eine der zentralen Erkenntnisse ging aus den Diskursen rund um diesen Themenschwerpunkt hervor. Sie bezieht sich dabei auf das Konzept der Inklusion: Nicht nur das Geschehen auf der Bühne, auch die Reaktionen der Zuschauer leisten einen zentralen Beitrag zum Erfolg oder Misslingen von inklusivem Theater. Die Macht der Interpretation liegt nämlich auch beim Publikum und in dessen Rahmen zur Beurteilung des Geschehens. Inklusion bedeutet dabei den Einbezug aller: Hinter, vor und auf der Bühne, hinter und vor der Kamera und vor dem Bildschirm. Im Akt des Lachens, der Ausgelassenheit und der Natürlichkeit, sollte keine Grenzen geben.