Wenn zwei dasselbe sagen, meinen sie auch manchmal dasselbe.
Eine meiner Lieblingsszenen aus Intouchables: Driss, der arbeitslose dunkelhäutige Pfleger aus dem Pariser Brennpunkt-Vorort, betritt unter den Klängen von Schuberts Ave Maria den Schlafraum von Philippe, dem reichen querschnittgelähmten Aristokraten, der von zwei weißbekittelten Menschen intensiv umsorgt wird. Er kann nach einem Unfall nicht einmal mehr seinen Kopf bewegen. Driss holt seine Bescheinigung für das Arbeitsamt, und Philippe fragt ihn: “Stört Sie das nicht, auf Kosten Anderer zu leben? Haben Sie nicht vielleicht doch ganz kleine Gewissensbisse?” Und Driss, mit dem Zettel für seine Arbeitslosenunterstützung in der Hand, antwortet: “Nö, ist okay, danke. Und Sie?” Die Kamera schwenkt auf das Gesicht des bewegungslosen Philippe. Er lächelt. Derselbe Vorwurf – “auf Kosten Anderer leben” –, dasselbe Vorurteil – nutzlos für die Gemeinschaft zu sein –, dieselbe Selbstbehauptung – der Vorwurf perlt ab, ohne Rechtfertigung. Ein Statement in weniger als 25 Sekunden!
(Intouchables/deutsch: Ziemlich beste Freunde, Frankreich 2011; Regie: Olivier Nakache/Éric Toledano)
Susanne Hartwig